Pressespiegel

Erfurt: Naturkundemuseum steht vor ungewisser Zukunft

By 24. November 2025No Comments

In Erfurt wird über den Haushalt der Stadt verhandelt. Neben anderen großen Kulturprojekten geht es dabei auch um das Naturkundemuseum der Stadt. Die Mittel für den lange geplanten Umbau des jahrhundertealten Speichergebäudes stehen auf der Kippe. Dabei gibt es im Haus großen Renovierungsbedarf, eine veraltete Dauerausstellung und Platzmangel.

Das Naturkundemuseum Erfurt, mit jährlich rund 60.000 Gästen das besucherstärkste Museum der Thüringer Landeshauptstadt, steht vor großen Herausforderungen – und möglicherweise vor einem grundlegenden Kurswechsel. Das historische Gebäude am Domplatz, ein jahrhundertealter Waidspeicher, ist durch den hohen Publikumsandrang stark abgenutzt und räumlich längst überlastet. Schon im Eingangsbereich wird der Renovierungsbedarf sichtbar: abgenutzte Tresen, beschädigte Schließfächer und zu Stoßzeiten Warteschlangen bis auf die Straße. An ein modernes Museumsumfeld mit WLAN, interaktiven Angeboten oder barrierefreier Erschließung ist derzeit kaum zu denken. Die Dauerausstellung stammt aus den 1990er Jahren und gilt als dringend erneuerungsbedürftig.

Seit Jahren liegen Pläne für eine Erweiterung vor: Ein angrenzendes Gebäude sollte integriert, zusätzliche Flächen geschaffen und die Museumsstruktur umfassend modernisiert werden. Der Masterplan hierfür ist bereits in Arbeit. Doch der neue Kulturbeigeordnete Lars Bredemeier stellt die bisherigen Überlegungen grundsätzlich infrage. Er regt an, statt eines teuren und komplizierten Umbaus des historischen Ensembles einen kompletten Neubau an einem anderen Ort zu prüfen – mit dem Argument, dass Barrierefreiheit und ausreichend Raum im alten Speicher nur schwer zu realisieren seien und ein erweiterter Altbau in wenigen Jahren erneut an Grenzen stoßen könnte.

Die Museumsleitung und viele Stadträte warnen hingegen davor, die wertvolle Innenstadtlage leichtfertig aufzugeben. Der Standort nahe des Domplatzes sei ein zentraler Erfolgsfaktor für die hohen Besucherzahlen und habe maßgebliche touristische Bedeutung. Museumsdirektor Matthias Hartmann drängt auf zeitnahe Maßnahmen: Ein Nicht-Handeln führe zwangsläufig zu Qualitätsverlusten – nicht nur für Erfurt, sondern für die gesamte Region, deren Publikum weit über Thüringen hinausreiche.

Wie es weitergeht, ist offen. Der Masterplan wird derzeit überarbeitet, insbesondere mit Blick darauf, ob eine Erweiterung oder ein Neubau perspektivisch sinnvoller ist. Ein Architekturwettbewerb wird vorerst aufgeschoben. Kulturdezernent Bredemeier möchte zunächst Gespräche mit den Fraktionen führen, bevor grundlegende Entscheidungen fallen. Damit bleibt die Zukunft des Naturkundemuseums – trotz unbestrittener Dringlichkeit – vorerst ungewiss.

Von Mareike Wiemann | Erschienen am 24.11.2025 auf mdr.de