Pressespiegel

Warum der Theater-Anbau wichtig für Ulm ist

By 18. Juni 2024Juni 27th, 2024No Comments

Im Bauausschuss wollten Freie Wähler und CDU den Stopp, jetzt soll der Gemeinderat entscheiden. Der Erweiterungsbau samt Kinder- und Jugendtheater ist aber weder Luxus noch ein Prestigeprojekt.

Nach einer zweijährigen „Denkpause“ hat die bayerische Landesregierung, bestehend aus CSU und Freien Wählern, eine „Redimensionierung“ des geplanten Konzerthauses in München angekündigt. Ursprünglich seit 2017 geplant und als eine gläserne Kathedrale konzipiert, sollte das Projekt zuletzt 1,3 Milliarden Euro kosten. Ministerpräsident Markus Söder erklärte nun, dass man sich von den ursprünglichen, luxuriösen Plänen verabschieden müsse, um die Kosten zu halbieren. Diese Entscheidung spiegelt eine Anpassung von Anspruch und Wirklichkeit wider, da das ursprüngliche Projekt darauf abzielte, ein Konzerthaus zu schaffen, das mit der Elbphilharmonie konkurrieren könnte, um das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zu beherbergen.

Ähnliche Herausforderungen gibt es in Ulm, wo ebenfalls ein kulturelles Bauprojekt eine „Redimensionierung“ erfordert. Bereits 2014 wurde festgestellt, dass das Theater Ulm nicht alle Auflagen des Arbeitsschutzes erfüllen könne, weshalb ein Erweiterungsbau für Werkstätten und Proberäume geplant wurde. Zusätzlich sollte im Neubau ein Kinder- und Jugendtheater Platz finden, da das Alte Theater am Scholl-Gymnasium marode ist. Die Kosten sind jedoch explodiert und belaufen sich nun auf insgesamt 58,1 Millionen Euro, 26,9 Millionen Euro mehr als ursprünglich 2019 kalkuliert. Die Finanzierungslücke beträgt 21,5 Millionen Euro, was auf eine erhebliche Unterschätzung des Nutzflächen- und Raumprogramms sowie die Baukosteninflation zurückzuführen ist. Trotz eines Antrags von Freien Wählern und CDU, das Projekt zu stoppen, wurde im Bauausschuss beschlossen, weiterzumachen. Der Gemeinderat berät diese Woche erneut über das Projekt.

Im Gegensatz zu München handelt es sich beim Ulmer Theater-Bau nicht um ein Prestige-Projekt, sondern um eine notwendige Investition in die Zukunft und Bildung. Der Entwurf des Büros Dudler, der eine „Zauberburg“ vorsieht, hat bundesweit Aufmerksamkeit erregt, aber es bleibt eine praktikable Lösung für die aktuellen Bedürfnisse des Theaters. Eine „Redimensionierung“ des Ulmer Projekts würde kaum zu erheblichen Kosteneinsparungen führen, besonders bei Neuplanungen und fortschreitender Zeit. Der neue Gemeinderat muss dringend den Finanz- und Investitionsbedarf ermitteln und priorisieren, um das Projekt erfolgreich umzusetzen und die kulturelle Infrastruktur zu sichern.

Von Jürgen Kanold | Erschienen am 18.06.2024 auf swp.de

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