Ende Oktober wurden in Paris die neuen Räume der Fondation Cartier pour l’art contemporain eröffnet. In allerbester Lage zwischen Louvre und Palais Royal realisierten Ateliers Jean Nouvel eine gigantische Ausstellungsmaschinerie mit beweglichen Plattformen. Und das alles in einem Haussmann’schen Palais, das einst für die Pariser Weltausstellung 1855 errichtet worden war.
Der französische Stararchitekt Jean Nouvel hat der Fondation Cartier ein neues Zuhause geschaffen – und das mitten im historischen Herzen von Paris. Nach Jahrzehnten im 14. Arrondissement ist die renommierte Stiftung für zeitgenössische Kunst nun in das ehemalige Hôtel du Louvre an der Rue de Rivoli gezogen, ein prachtvolles Palais aus dem 19. Jahrhundert. Der Umzug wurde notwendig, da die Sammlung der Fondation Cartier, die inzwischen über 4.500 Werke von rund 500 Künstlerinnen und Künstlern umfasst, ihre bisherigen Räumlichkeiten längst überfordert hatte.
Das neue Domizil, ein 150 Meter langer Gebäudekomplex mit beweglicher Architektur, verbindet Geschichte und Hightech auf spektakuläre Weise. Jean Nouvel und sein Team verwandelten das denkmalgeschützte Gebäude in eine „Museumsmaschine“: Fünf riesige, stählerne Plattformen können mithilfe von 40 Spindeln und Stahlseilen über mehrere Etagen hinweg bewegt werden. So entstehen bis zu 117.854 unterschiedliche Raumkonfigurationen – eine Bühne, die sich flexibel an die ausgestellten Werke anpassen lässt.
Mit dem neuen Standort gewinnt die Fondation Cartier nicht nur architektonisch, sondern auch organisatorisch: Auf 8.500 Quadratmetern finden sich nun Ausstellungsflächen, ein Café, ein Restaurant sowie ein Kino- und Veranstaltungssaal. Die Projektdirektorin Béatrice Grenier rechnet mit einer deutlichen Steigerung der Besucherzahlen – von bisher rund 200.000 pro Jahr auf bis zu 800.000.
Die Eröffnungsausstellung mit dem Titel Exposition Générale verweist bewusst auf die Pariser Weltausstellung von 1855, für die das Palais ursprünglich gebaut wurde. Gezeigt werden großformatige Arbeiten internationaler Künstlerinnen und Künstler wie Freddy Mamani, Junya Ishigami, Alessandro Mendini, Richard Artschwager und Juan Muñoz. Die Besucher erleben dabei eine faszinierende Mischung aus historischem Gemäuer, rohen Bauelementen, gläsernen Fassaden und hochmoderner Bühnentechnik.
Über die tatsächlichen Baukosten äußert sich die Fondation Cartier nicht, doch laut Radio France Bleu soll das Investitionsvolumen bei etwa 230 Millionen Euro liegen. Mit diesem Projekt schafft Jean Nouvel eine neue Form von Museumsarchitektur – eine wandelbare, technisch komplexe und zugleich poetische Maschine, die Kunst in Bewegung versetzt und das klassische Ausstellungskonzept radikal neu denkt.
Erschienen am 06.11.2025 von Wojciech Czaja auf www.baunetz.de

