Pressespiegel

Können und wollen: Unklare Zukunft für Münchens Konzerthaus

By 30. März 2022April 5th, 2022No Comments

Früher war die CSU einmal dafür, da hieß der Ministerpräsident aber noch Horst Seehofer. Jetzt ist die CSU offenbar dagegen, aber sie sagt es erst einmal auf Raten. Weil Meinungszickzack zum Regierungsstil gehört? Die Vorarbeit musste der neue Mann an der Spitze des Wissenschafts- und Kunstministeriums erledigen. Vergangenen Freitag sagte Markus Blume – gefragt nach dem weiteren Schicksal des geplanten Konzerthauses im Werksviertel – dem „Münchner Merkur“: „Wir müssen uns ehrlich machen.“ Abgesehen vom verqueren Deutsch und dessen Garnitur mit Worthülsen („priorisieren“, „Zeitachsen“), gab Blume bekannt, er rechne nicht mit einem Baubeginn vor dem Jahr 2025.

Söder wollte dann den gesamten Bau überdenken, zunächst wegen der Kosten, die wohl eine Milliarde betragen könnten. Stemmen könnte das Land diese Kosten, aber will es das? Die Aufregung über Söders Aussagen ließ nicht lange auf sich warten, viele Verfechter betonten die Bedeutung des Konzertsaals und werteten Söders Aussagen als Beginn eines Vertrauensbruchs.

Söder hatte diesen Gegenwind erwartet, für ihn haben andere Dinge Priorität. Er möchte statt der weiteren Vergrößerung der Musikstadt München, die mit drei international bekannten Orchestern bereits erfolgreich ist, lieber in Bayern als Technologieführer investieren. Nun hat sich die Stadt München zu Wort gemeldet und möchte andere Möglichkeiten, etwa eine weitere Nutzung der eigentlich als Interim geplanten Isarphilharmonie sprechen. Problem aber auch bei der Stadt: Ebenfalls eine Sanierung, die des Gasteigs mit Kosten von etwa einer halben Milliarde.

Wann also kann der richtige Zeitpunkt für einen Konzerthausneubau sein? Und wie konnte es in den letzten Jahren zu solchen Preissteigerungen kommen? Anfangs war von 150 bis 300 Millionen die Rede, 2016 dann etwa 370 Millionen, letztes Jahr dann schon 500 bis 750 Millionen. Dann kam auch noch Corona mit den Preissteigerungen und jetzt die Unsicherheiten des Ukraine-Krieges. Die Milliarde, von der Söder sprach, ist also nicht unwahrscheinlich – denn unter Weltklasse bekommt man in München keine Kunst mehr.

Von Hannes Hintermeier | Erschienen am 30.03.2022 in der FAZ