Pressespiegel

Andante frizzante

By 27. Mai 2022Juni 20th, 2022No Comments

Man kann fast reinbeißen. Das klingt komisch, ist aber so. Wie will man Klänge anders beschreiben als durch Metaphern? Es gibt nur zwei Adjektive in unserer Sprache, die ausschließlich mit Hörbarem zu tun haben: „laut“ und „leise“. Schon „hoch“ und „tief“ oder „hell“ und „dunkel“ sind dem Sichtbaren entlehnt. Den Klang im neu entstehenden Konzertsaal des Casals-Forums der Kronberg Academy jedenfalls spürt man gleich direkt auf der Zunge. Die Triller der Violinen des Chamber Orchestra of Europe perlen und prickeln im Andante der C-Dur-Symphonie KV 200 von Wolfgang Amadé Mozart, die François Leleux hier gerade probt. Rachel Frost, die Oboistin des Orchesters, spricht von einem „Frizzante-Moment“ und hat völlig recht.

Der erste Spatenstich erfolgte vor kaum fünf Jahren. Untergebracht werden in dem neuen Casals-Forum den Konzertsaal, zudem Unterrichts- und Verwaltungsräume für die private Musikhochschule, eine Geigenbauwerkstatt und ein Hotel.

Der Konzertsaal wurde vom Architektenbüro Volker Staab und den Akustiker vom Büro Peutz gestaltet. Die Ehre des ersten Auftritts hatte Augustin Hadelich, einer der besten Geiger der Welt und der Kronberg Academy eng verbunden. Und bei diesem Auftritt merkte man, die Mühe hatte sich gelohnt. Und man kann den Klang gestalten, etwa durch eine Galerie von Wandpaneelen, die man öffnen oder umkippen kann. Dadurch wird das Raumvolumen geändert. Das freut alle Beteiligten, die sich sehr zufrieden zeigen.

300 Plätze gibt es jeweils im Parkett und auf dem Balkon, Ende September wird der Saal offiziell eröffnet. Dabei unterstützt wurde man zum einen durch staatliche Förderung, aber auch durch viele private Spender – auf die jetzt kurz vor Ende noch mal gehofft wird, da es Probleme gibt, bezahlbares Holz zu bekommen. Doch grundsätzlich ist man zufrieden und entspannt mit dem neuen Konzertsaal und dem ganzen Forum.

Von Jan Brachmann | Erschienen am 27.05.2022 auf zeitung.faz.net

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