Pressespiegel

Ein Opernhaus im NS-Hufeisen

By 1. Juli 2022Juli 4th, 2022No Comments

Über Monate hat Nürnberg gestritten, wo das Interim fürs Musiktheater genau hinkommen soll – innerhalb oder außerhalb des kolossalen Kongressbaus der Nazis. Nun hat eine Jury eine wegweisende Empfehlung abgegeben.

Den ganzen Tag lang wurde im Richard-Wagner-Saal im „Le Meridien Grand Hotel“ von der Jury debattiert, wo genau das Interim hinkommen soll. Und diese Jury war gut besetzt mit unter anderem der Publizistin Rachel Salamander, Josef Schuster, dem Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und Norbert Frei, Historiker an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Viele hatten sich im Vorfeld kritisch zu der Entscheidung, das ehemalige Reichsparteitagsgelände zu nutzen, geäußert und Nürnberg wollte diesen Kritikern eine Stimme geben bei der Entscheidung.

Und die lautet: Der Interimsbau soll im sogenannten Innenhof der Kongresshalle entstehen. Und zwar an der nordwestlichen Innenseite. So könne man eine „funktionale und architektonische Verschränkung“ erreichen und so zwar die Geschichte des Ortes wahrzunehmen, aber durch etwas positives zu ersetzen. Und man komme nicht in Konflikt mit

dem viel gerühmten Doku-Zentrums von Günther Domenig in einem der beiden Kopfbauten. Und auch die Gesamtwirkung des Geländes würde nicht beeinträchtigt, was viele Kritiker aber anders sehen. Sie fürchten um einen Verlust der Erinnerungskultur, da man nicht mehr am Innenhof das Scheitern der Nationalsozialisten ablesen könne.

Es gab von den verschiedenen Architektenbüros, die der Jury Vorschläge machten, unterschiedliche präferierte Plätze – sogar auf dem südlichen Kopfbau. Insgesamt hielten sich die Vorschläge für innerhalb und außerhalb des Baus in etwa die Waage. Keine Vorschläge gab es für einen Bau im Südosten, direkt am Ufer des Dutzendteichs, vermutlich aus ökologischen Gründen.

Nachdem nun das Wohin entschieden sein wird, geht es im nächsten Schritt um das Wie.

Von Olaf Przybilla | Erschienen am 01.07.2022 auf sueddeutsche.de

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