Bald beginnt der Radikalumbau des Südflügels des Pergamonmuseums. Die 30er-Jahre-Architekturen sollen weitgehend bewahrt werden, die Reste der DDR-Inszenierung fallen.
Das Pergamonmuseum in Berlin, bekannt für seine eindrucksvollen Inszenierungen wie die Prozessionsstraße und das Ischtar-Tor aus Babylon, wird derzeit umfassend saniert. Seit Herbst 2023 sind die großartigen, auf der Welterbeliste stehenden Ausstellungen geschlossen und die Räumungsarbeiten im Gange. Die Bauarbeiten zur Generalsanierung und Restaurierung des Museums sollen im Sommer vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung übernommen werden. Dies ist der zweite Abschnitt eines großen Projekts, das 2012 mit der Schließung des Nordflügels begann. Die Wiedereröffnung des Nord- und Ostflügels ist für 2027 geplant, während der Südflügel frühestens 2037 fertiggestellt sein wird. Der Direktor der Antikensammlung, Martin Maischberger, zeigt sich zuversichtlich, obwohl die ursprüngliche Eröffnung für 2018 geplant war.
Das Pergamonmuseum erlebte bereits unter der DDR-Zeit Planungen für eine umfassende Sanierung, doch die hohen Kosten führten zu wiederholten Verzögerungen. Nach der Wiedervereinigung investierte die Bundesrepublik zunächst nur in notwendige Instandhaltungen. Im Jahr 1999 gewann der Kölner Architekt Oswalt Mathias Ungers den Internationalen Architekturwettbewerb mit einem Projekt, dessen Bauarbeiten jedoch erst ein Jahrzehnt später begannen. Ungers‘ Konzept beinhaltet den Bau eines vierten Flügels und greift tief in die historische Bausubstanz des Museums ein. Die Preußen-Stiftung lehnt jedoch alternative, schonendere Projekte ab und hält an Ungers‘ Entwurf fest, was zu erheblichen Kostensteigerungen von ursprünglich geplanten 340 Millionen Euro auf mittlerweile 1,5 Milliarden Euro geführt hat.
Der Sanierungsbedarf des Pergamonmuseums ist enorm. Von den Dachkonstruktionen aus den 1920er Jahren, die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nur notdürftig repariert wurden, bis hin zu den Kellergeschossen, die jetzt erst nach der Räumung des Südflügels gründlich untersucht werden können. Das Bundesamt für Bauordnung und Bauwesen ist sich der Risse in den tragenden Konstruktionen bewusst, plant aber bisher keine Ersatzmaßnahmen. Das Radikalumbauprojekt von Ungers sieht weitere Eingriffe wie den Bau eines zusätzlichen Treppenhauses vor, was zum Verlust des letzten Raumes mit DDR-Dekorationen führen wird. Transportable Objekte werden in Depots bei Großbeeren gebracht, während die Exponate des Museums für Islamische Kunst direkt in den Nordflügel umziehen. Die Restaurierung und der Schutz der verbleibenden Monumente wie die Reliefs aus Babylon und die römischen Säulen sind eine andauernde Herausforderung.
Von Nikolaus Bernau | Erschienen am 06.06.2024 auf taz.de