Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki hat für das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden einen raffinierten Neubau entworfen. Das Projekt trägt die Handschrift eines Mäzens, ist aber in jeder Hinsicht demokratisch legitimiert.
Reinhard Ernst, ein selbstbewusster Unternehmer, bot der Stadt Wiesbaden ein Geschenk in Form eines Museums an, das mit seiner Sammlung abstrakter Kunst bestückt werden sollte. Trotz Kritik und Neid bezüglich seiner alleinigen Entscheidung über den Architekten und die Nutzung eines wertvollen Grundstücks, das ihm die Stadt für einen symbolischen Betrag überließ, gelang das Projekt. Kritiker behaupteten, Ernst wolle sich ein Denkmal setzen und den Wert seiner Sammlung steigern. Dennoch stimmten die Bürger Wiesbadens in einem Bürgerentscheid mehrheitlich für die Verpachtung des Grundstücks an die Stiftung Ernst, was auch den Entwurf des Architekten Fumihiko Maki bestätigte.
Das Museum Reinhard Ernst öffnete am heutigen Sonntag erstmals seine Türen für die Öffentlichkeit. Der Entwurf von Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki, der kürzlich im Alter von 95 Jahren verstarb, wurde von der Stadt und ihren Bürgern gut aufgenommen. Der Museumsbau, der an der prominenten Wilhelmstraße steht, fügt sich harmonisch in die heterogene Umgebung ein, die vom Museum Wiesbaden, einem betonbrutalistischen Bankgebäude, einem Congresszentrum und einem Gründerzeitwohngebäude geprägt ist. Makis Entwurf kombiniert vier quaderförmige Baukörper, die einen Innenhof umschließen und durch Fensteröffnungen aufgelockert werden. Dieser Innenhof fungiert als Lichtquelle für das Foyer und die Ausstellungsräume und enthält einen 60 Jahre alten japanischen Fächerahornbaum sowie eine Skulptur von Eduardo Chillida, was auf die japanischen Einflüsse des Projekts verweist.
Das Museum wurde nicht nur für die Sammlung Ernst errichtet, sondern soll auch die Gemeinschaft fördern. Der gläserne Sockel des Gebäudes symbolisiert Offenheit gegenüber der Nachbarschaft, und das Foyer mitsamt Werkraum und Café ist öffentlich zugänglich. Die hochwertige Verarbeitung der Materialien, darunter Eichenholzparkett, weißer Granit und Akustikputz, zeigt die Wertschätzung gegenüber den Besuchern. Die Stiftung Ernst investierte 80 Millionen Euro in das Projekt, wobei die öffentliche Hand für ein vergleichbares Gebäude aufgrund gesetzlicher Vorgaben deutlich mehr hätte aufwenden müssen. Die Architektur und bestimmte Kunstwerke, wie Tony Craggs „Pair“ und Bettina Pousttchis Skulptur aus rot gefärbten Leitplanken, harmonieren perfekt miteinander, was dem Museum eine besondere Note verleiht.
Von Matthias Alexander | Erschienen am 23.06.2024 auf faz.net