Pressespiegel

Siehst du die Zeichen an der Wand?

By 24. Juni 2021August 19th, 2021No Comments

Der Berliner Museumsneubau von Herzog & de Meuron läuft völlig aus dem Ruder – und alle schauen tatenlos zu.

Das Berliner Museum für das 20. Jahrhundert hat mit Problemen zu kämpfen. Der gewohnte Ablauf beim Bau eines neuen Museums wird umgekehrt, der Entwurf des Gebäudes leidet unter der aufgezwungenen Bescheidenheit, die Nachbarn nicht zu überragen. Um zudem den Treffpunkt durch das Kulturforum nicht wegfallen zu lassen, sollen sich die Ost-West-Verbindung zwischen Staatsbibliothek und Gemäldegalerie und die Nord-Süd-Verbindung zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie im Gebäude auf unterschiedlichen Ebenen kreuzen.

Das Problem bei diesem Aufbau: Es ist ein Korsett vorgegeben, in das die Architekten die übrigen Räume hineinzwängen mussten. Das gelang nicht, die Übersichtlichkeit und Intuitivität eines Museums fehlen im Entwurf für das sogenannte M20. Doch der Ruf eilten den Architekten von Herzog & de Meuron voraus und brachte die Hoffnung mit, in einer Überarbeitung des Entwurfs doch noch zumindest eine schöne Fassade zu erhalten. Doch nun, da die Überarbeitung vorliegt, ist die Enttäuschung groß. Die Architekten sind zu keinen wichtigen Änderungen bereit, vor allem die Fassade wird enttäuschen, die Sparmaßnahmen sind deutlich erkennbar. Auch das Raumkonzept mit vielen kleinen Räumen ist nicht unumstritten. Den Besuchern werden kaum Orientierungsmöglichkeiten geboten, die Boulevards, die Verbindungen herstellen sollen verwirren nur, manche Räume, wie Garderobe und Kassen, sind kaum zu finden.

Das Problem liegt in einer erstaunlichen Beratungsresistenz der Architekten, die keine Kritik an ihren Entwürfen duldeten und nichts ändern wollten. Und auch die Baukosten werden zum Problem. 200 Millionen Euro waren geplant, doch die Marke ignorierten die Architekten und gingen davon aus, dass schon mehr Geld fließen würde, wenn es sein muss. Das war auch so, bis zu 450 Millionen sind nun angedacht. Dazu wächst die Gesamtfläche von 26 600 auf 31 500 Quadratmeter, die Nutzfläche hingegen sinkt von 17 400 auf 15 350 Quadratmeter gesunken. Das kritisierte im März sogar der Rechnungshof, der feststellte, dass das Budget nicht im Vordergrund der Überlegungen gestanden habe. Ein Vergleich zur Kunsthalle Mannheim zeigt, wie man für ein Fünftel der Quadratmeterkosten wesentlich besser arbeiten kann. Insgesamt kommt man zu dem Eindruck, dass man ein sehr teures Museum bekommen wird, das noch dazu niemanden wirklich zufrieden stellt.

Von Falk Jaeger | Erschienen am 24.06.2021 auf faz.net

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