Dem Altenburger Lindenau-Museum droht ein entstellender Radikalumbau. Die Denkmalschützer zeigen sich passiv, aber inzwischen rührt sich in der Bürgerschaft Widerstand.
Mit 48 Millionen Euro wird der Umbau von Bund und Land gefördert, tief soll in die Bausubstanz eingegriffen werden. Das Altenburger Stadtforum protestiert nun dagegen, da der Umbauentwurf „der Würde des Gebäudes“ nicht gerecht würde. Nun regt sich auch unter Museums- und Denkmalexperten und in der regionalen Architektenschaft Widerstand.
Der Umbau wurde vor vier Jahren vom Direktor des Museums forciert, denn der Standort sollte weiter attraktiv bleiben. Dazu musste eine Erweiterung her, vor allem in Form des herzoglichen Marstalls für Sonderausstellungen, Werkstätten, Depots und Programmräume. Im Museumsgebäude selbst sollte vor allem im Bereich der Technik, im Brandschutz, Barrierefreiheit und Energie etwas geändert werden. Dazu sollte das Sockelgeschoss ausgebaut werden, 2018 begannen die Planungen.
Den Auftrag bekam ohne Kolloquien und Beratungsgremien oder einen Architekturwettbewerb das Erfurter Architekturbüro Kummer Lubk Partner, die Pläne wurden regelrecht geheim gehalten. Bisher gibt es nur wenige veröffentlichte Pläne, die aber zeigen, dass der geplante Eingriff übersteigt bei Weitem alles, was historistischen Bauten selbst weit geringerer Qualität heutzutage noch zugemutet wird.
Das Museum hat Seitenlichtkabinette und Oberlichtsäle im Obergeschoss, einen Kuppelsaal im Zentrum, offenen Säulensälen im Hauptgeschoss sowie eine reiche dreigeschossige Neurenaissance-Fassade. Vor dieser soll nun die Treppenanlage wegfallen, stattdessen ist eine dürre horizontale Plattform geplant, getragen von schräg gestellten, hyperschlanken Stützen. Im Innern soll so eine asymmetrisch gestellte gewendelte Treppe sichtbar werden. So würde das Museum aus der Ferne schwebend aussehen. Allerdings ist die Treppenanlage für die monumentale Wirkung des Museums unentbehrlich und werden die neuen Pläne umgesetzt, ist auch das Hauptportal nur noch dekorativer Fassadenschmuck.
Die Altenburger Denkmalpflege hatte dem Plan zugestimmt, da die Treppenanlage von 1910 kein Teil des „Original“-Entwurfs sei. Doch aus den Reihen anderer Denkmalschützer regt sich nun Protest, dass sie dennoch auch eine über hundert Jahre alte Geschichte hat und Teil einer inzwischen zwar verwachsenen, doch interessanten spätviktorianischen Gartenanlage sei. Wie es weitergeht ist noch unklar, aber fest steht, dass sich nun zwar spät, aber vielleicht noch rechtzeitig Widerstand gegen die Pläne geregt hat.
Von Nikolaus Bernau | Erschienen am 28.01.2022 au faz.net