Pressespiegel

„Auf den Ministerpräsidenten ist kein Verlass“

By 26. März 2022März 28th, 2022No Comments

Fatal oder vernünftig? Nach Söders Abrücken vom geplanten Münchner Konzerthaus zeigt sich die Stadt offen für Gespräche über eine Kultur-Kooperation. Andere äußern sich schwer enttäuscht und sprechen von Wortbruch.

Am Samstag hatte Söder in einem Interview verlauten lassen, den Bau des lange geplanten Münchner Konzerthauses noch einmal zu prüfen. Grund dafür sind vor allem die massiv gestiegenen Kostenprognosen. Das Konzerthaus sollte für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gebaut werden. Nun soll aber noch einmal mit der Stadt München gesprochen werden, denn es gibt nach Söder eigentlich ausreichend Konzertsäle in München: Neben der neuen Isarphilharmonie auch den Herkulessaal oder das Kulturzentrum Gasteig.

Die Reaktionen auf Söders Aussagen fielen sehr unterschiedlich aus. Die Stadt München zeigt sich offen für Gespräche und eine mögliche Zusammenarbeit. Der Oberbürgermeister sieht vor allem Potentiale in der eigentlich als Interim geplanten, aber sehr gut angenommenen Isarphilharmonie.

Auch von anderen Vertretern der Stadt, etwa Münchens Zweiter Bürgermeisterin Katrin Habenschaden kommt Verständnis für Söders Aussagen und das Signal zur Diskussionsbereitschaft über Alternativlösungen. Sie betont, dass Kultur selbstverständlich weiter gefördert werden solle, man aber auch die finanziellen Ressourcen im Blick behalten müsse.

Anton Biebl, Kulturreferent der Stadt München, ist grundsätzlich auch gesprächsbereit, zählt die schon vorhandene Vielfalt auf, betont aber auch die Vorteile, die ein Neubau bringen könnte. Er sieht die Verantwortung beim Freistaat Bayern.

 

Von anderen Seiten kommt weniger Verständnis. So reagierte die Geigerin Anne-Sophie Mutter, die sich persönlich für den Bau einsetzt, empört, da er eine wichtige Begegnungsstätte sei und die Möglichkeit biete, die künstlerische Vielfalt der Stadt aufzuzeigen.

Auch die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth, steht weiter hinter dem Bau des Konzertsaals. Sie betonte die wichtige Arbeit des BR-Symphonieorchesters, das einen eigenen Konzertsaal brauche, um richtig wirken zu können. Dabei solle ein lebendiger Ort entstehen und sie forderte ein klares Bekenntnis für den Bau.

Für Georg Randlkofer, Vorsitzenden des Vorstands der Stiftung Neues Konzerthaus München, sei es ein Vertrauensbruch, wenn der Bau nun nicht wie geplant durchgeführt werde. In der aktuellen Zeit hätten andere Punkte natürlich Priorität, eine Pause in den Überlegungen verständlich, eine Aufgabe aber ein Fehler, da es wesentlich sei, die Kultur weiterzuentwickeln. Er betonte auch noch einmal, dass bereits vor dem Abschluss der Bauplanung und ohne Kampagne zur Spendenwerbung, die erst danach starten sollte, bereits mehr als vier Millionen Euro an Spenden zusammengekommen seien.

Für Ulrich Wilhelm, ehemaliger BR-Intendant und Ex-Regierungssprecher, war auch das Vorgehen Söders nicht verständlich. Das Thema sei zu wichtig, um in einem Interview davon Abstand zu nehmen. In die Überlegungen sei bereits viel Arbeit und Kreativität verschiedenster Beteiligter geflossen, die nun vor den Kopf gestoßen würden.

Auch Wolfgang Heubisch (FDP), in seinem einstigen Amt als Kunstminister früher schon intensiv mit dem Projekt befasst, kritisierte Söders scharf, die Aussagen seien eine Gefahr für den Musikstandort München. Seine Partei wolle im Landtag entsprechende Anfragen stellen.

Von Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, kommt ebenfalls Kritik, Söders Gründe seien vorgeschoben. Denn bereits im Januar habe er, bereits im laufenden Projekt, eine Machbarkeitsstudie gefordert. Wichtig sei nun, nicht weiter Zeit zu verlieren und schnell zu einem Ergebnis zu kommen, denn Baupreise werden in der nächsten Zeit auch nicht fallen.

Von Heiner Effern, Ulrike Heidenreich und Susanne Hermanski | Erschienen am 26.03.2022 auf sueddeutsche.de

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