Pressespiegel

Stahlvorhang auf

By 15. September 2021No Comments

Der Neubau des Theaters Schwere Reiter wird eröffnet. Das Innere gleicht dem alten Bau, die Fassade ist kühn. Und für die freie Szene ist das neue Haus ein tolles Signal. Obwohl die Zeit auch dort begrenzt sein soll

Im Prinzip gibt es nun zwei Schwere Reiter, den Alt- und den Neubau, die sich zumindest innen sehr ähnlichsehen und L-formig zueinanderstehen. Der Neubau hat gut, 3,5 Millionen Euro gekostet und soll den Altbau für 10 Jahre ersetzen. Doch auch dieser bleibt stehen und kann eventuell zwischen genutzt werden. Doch eigentlich läuft die Nutzungsduldung für den Altbau diesen Oktober aus, weshalb der Neubau entstand. Denn eine Sanierung des Altbaus hätte auch 80% der Kosten eines Neubaus betragen. Dennoch bleiben Fragen offen: Eine Sanierung wäre ja doch immerhin noch 20% billiger gewesen und warum baut man einen Neubau, dessen Laufzeit von vornherein auf 10 Jahre beschränkt ist? Das ganze Prozedere bleibt etwas uneinsichtig.

Der Neubau unterscheidet sich vom Altbau dann vor allem in der Fassade aus Spundwänden. Die riesigen, gewellten und rostigen Stahlplatten passen so gar nicht zum hellen und lichten Innern, doch gerade dieser Unterschied macht den Reiz aus. Nun sind übrigens auch die Sanitäranlagen für Zuschauer und Künstler getrennt, was im Altbau nicht der Fall war, weshalb man dem Künstler von der Bühne auch mal beim Händewaschen begegnen konnte. Ein besonderer Faktor des Neubaus sei die Nachhaltigkeit gewesen. Viel ist recycelt oder aus nachwachsenden Rohstoffen.

Dabei wurde in Rekordzeit gearbeitet: Mit dem Bau begonnen wurde im Juli 2020, am 17. und 18. September 2021, also 14 Monate später, wird eröffnet. Für den Architekten war es etwas Besonderes, quasi eine Kopie der alten Halle zu bauen, vor allem, da auf so viele Dinge, wie etwa die perfekte Akustik, geachtet werden musste. Bis Ende Oktober kann man noch den Direktvergleich zwischen Alt- und Neubau erleben, wie es dann mit dem alten Schweren Reiter weitergeht ist unklar. Vielleicht könne er als Probebühne genutzt werden, was für die Freie Szene ein großer Luxus wäre, eine baugleiche Probebühne, wie es sie sonst nur an Staatstheatern gibt.

Von Rita Argauer | Erschienen am 15.09.2021 auf sueddeutsche.de

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