Stadt schlägt Staat: München baut seinen Philharmonikern pünktlich ein Ersatzkonzerthaus, während Bayern die Finanzierung der Spielstätte für das Rundfunk-Symphonieorchester immer weiter hinauszögert.
Am 8. Oktober soll das neue Münchener Konzerthaus eröffnet werden, noch wird gebaut. Doch man sei exakt im Plan, sowohl was Zeit als auch was Kosten angehe. Das „Isarphilharmonie“ genannte Konzerthaus ist entstanden, da der Gasteig, in dem die Philharmoniker ihren Konzertsaal haben, saniert werden soll. Der Zeitplan für die neue Unterbringung war eng getaktet: 2018 bekamen die Architekten den Auftrag, im März 2020 war Baubeginn, nach anderthalb Jahren nun die Eröffnung. Und auch die geplanten 43 Millionen Euro für das Konzerthaus mit 1.900 Plätzen konnten eingehalten werden. Dabei herausgekommen ist ein Bau, der Ästhetik und Funktionalität vereint, im Fokus steht ein runder Klang. Mit eingebunden wird auch ein benachbartes Industriedenkmal: Die Halle E wird als Foyer samt Café dienen. Und auch Stadtbibliothek und Volkshochschule, die ebenfalls durch die Schließung des Gasteigs vor Probleme gestellt wurden, werden repräsentiert. Ihre Neubauten werden im Frühjahr 2022 bezogen werden.
Der Neubau wird von allen Seiten gelobt, vor allem, da er nicht wie ein Provisorium wirkt. Das ist vermutlich auch gut so, denn ob die Sanierung des Gasteigs wirklich wie geplant 2030 beendet sein wird, lässt sich noch nicht sagen. Denn Corona hat ein Loch in die Haushaltskasse gerissen und noch ist kein Investor gefunden.
Auch das Rundfunk-Symphonieorchester wird in der „Isar-Philharmonie“ spielen. Doch diese sollen eigentlich schon seit 15 Jahren ein eigenes Haus bekommen. Nach langem Ringen konnte man sich 2015 auf einen Standort im Werksviertel einigen, der aber nach wie vor nicht unumstritten ist. 2017 stand dann der Sieger des Architektenwettbewerbs fest, doch auch von dem waren und sind nicht alle begeistert. Und kurz nach Abschluss des Wettbewerbs verweigerte der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags die Bewilligung der Gelder, weil der Zeitplan noch nicht feststand. Die Coronapandemie hat die Sorgen von Mehrkosten eher verstärkt als gesenkt, das Projekt wurde nun erstmal aufgeschoben, auch, da die Unterstützung aus der Bevölkerung fehlt. Vor allem der geplante Standort ist immer wieder Stein des Anstoßes. Während also die von der Stadt gebaute „Isar-Philharmonie“ nahezu in Rekordzeit fertig wurde schwebt das Projekt für das Symphonieorchester, getragen vom Land, weiterhin in einem ungewissen Zustand.
Von Wolfgang Jean Stock | Erschienen am 02.09.2021 in der FAZ Nummer 203